Vor gut zehn Jahren, im Jänner 2014, startete in Österreich das erste Screeningprogramm „früh erkennen“. Damit können Frauen ab 40 Jahren einfach und unkompliziert alle zwei Jahre eine Früherkennungsmammografie durchführen lassen.
Das Hauptziel der Brustkrebs-Früherkennung ist klar: Je früher Brustkrebs erkannt wird, desto eher und schonender kann er behandelt und damit die Mortalitätsrate verringert werden.
Ein weiteres wesentliches Ziel des Programms ist die flächendeckende Sicherstellung der Einhaltung höchster Qualitätsstandards an den Untersuchungsstellen – und zwar sowohl, was die Aus- und Weiterbildung der Radiologietechnolog:innen und der Ärzt:innen betrifft, als auch die technische Ausstattung.
Informationsmaterial in verschiedenen Sprachen, Vorträge und Kampagnen helfen Frauen, sich selbst ein Bild ihres persönlichen Risikos, an Brustkrebs zu erkranken, zu machen. Sie sollen dazu ermächtigt werden, informiert zu entscheiden, ob sie am Programm teilnehmen und regelmäßig zur Mammografie gehen bzw. sich mit den Ärzt:innen ihres Vertrauens über alle offenen Fragen zum Thema Brustkrebs-Früherkennung austauschen möchten.
Konkret bietet „früh erkennen“ Frauen in Österreich Folgendes:
Die Ergebnisse des Brustkrebs-Früherkennungsprogramms (BKFP) übertreffen in den meisten Parametern die EU-Vorgaben und sind hinsichtlich Brustkrebsdetektion und Tumorcharakteristika (Größe, Stadium, Metastasierung) der Karzinome äußerst erfolgreich. Drei Viertel aller invasiven Karzinome werden im Rahmen der Früherkennung in einem prognostisch günstigen Stadium diagnostiziert und können somit mit besten Heilungschancen behandelt werden.
Seit Programmstart nahmen rund drei Millionen Frauen der Kernzielgruppe (45–69 Jahre) am BKFP teil. Der Anteil der Frauen mit einer Früherkennungsuntersuchung oder einer diagnostischen Mammografie beträgt 53%. Dazu ist anzumerken, dass der COVID-19-bedingte Rückgang an Untersuchungen im Jahr 2020 durch eine erhöhte Teilnahmerate im Jahr 2021 fast gänzlich wettgemacht werden konnte. Die Wiederteilnahmerate am Programm im vorgesehenen Intervall von zwei Jahren beträgt österreichweit rund 59%, wobei dies je nach Wohnbezirk der Frauen stark variiert (37–72%).
Von den Teilnehmerinnen wurden knapp 2% nach der Screeningmammografie zu einer Abklärungsuntersuchung (etwa die Hälfte davon zu einer Biopsie) wiederbestellt. In weiterer Folge wurden 2.584 invasive Karzinome entdeckt, was einem Anteil von 421 Karzinomen je 100.000 Untersuchungen bzw. dem Zweifachen der Hintergrundinzidenz (der Anzahl der jährlichen Neuerkrankungen vor Einführung des Früherkennungsprogramms) entspricht.
78% der entdeckten invasiven Karzinome hatten einen Durchmesser von 15 mm oder weniger, etwa 43% der Karzinome waren zum Zeitpunkt der Entdeckung kleiner als 10 mm. Bei 79% der invasiven Karzinome wurde im Rahmen der Früherkennung ein prognostisch günstiges Tumorstadium von 0 oder 1 festgestellt.
Kerstin Schütze
Das österreichische Brustkrebs-Früherkennungsprogramm (BKFP) ist mittlerweile ein etablierter Bestandteil österreichischer Früherkennungsuntersuchungen und bislang das einzige organisierte Früherkennungsprogramm in Österreich. Im internationalen Vergleich war es zum Zeitpunkt der Implementierung insofern ein außergewöhnlich großzügiges Programm, da es einerseits die ergänzende Ultraschalluntersuchung bei dichtem Brustdrüsengewebe (ACR 3 und 4)* inkludierte und andererseits auch die Teilnahme bereits ab dem 40. Lebensjahr als „Opt-in“-Möglichkeit vorsah, ebenso die „Opt-in“-Möglichkeit, auch nach dem 69. und in weiterer Folge nach dem 74. Lebensjahr teilzunehmen.
Die Möglichkeit der Teilnahme bereits ab dem 40. Lebensjahr war durchaus visionär und, wie jüngste Daten zeigen, richtig. Viele internationale Früherkennungsprogramme haben mittlerweile die Altersgrenze von 50 Jahren ebenfalls auf 40 Jahre gesenkt. Um die zusätzliche Möglichkeit der Ultraschalluntersuchung werden wir von anderen Ländern sehr beneidet, denn diese Untersuchung hat sich auch aus den Daten des österreichischen Programms als sehr wertvoll herausgestellt. Sie hat – anders als befürchtet – zu keiner Erhöhung der abklärungsbedürftigen oder falsch positiven Befunde geführt, sondern im Gegenteil zu einer Verbesserung der Diagnostik vor allem bei dichtem Brustdrüsengewebe.
Abb.: Die Grafik zeigt einen stetigen Trend zur Diagnose von Brustkrebs im Frühstadium in Österreich,
während die Diagnose im metastasierten Stadium kontinuierlich zurückgeht.
Die Abbildung zeigt die Verteilung der Stadien von Brustkrebs zum Zeitpunkt der Diagnose in Österreich seit 1983. Im Verlauf der Zeit nehmen lokalisierte Stadien zu, der Anteil an Patientinnen mit metastasierter Erkrankung zum Diagnosezeitpunkt nimmt hingegen ab.
Der Schwachpunkt unseres Screeningprogramms liegt in der immer noch viel zu geringen Teilnahmerate von etwas mehr als 40% der Zielbevölkerung. Zuletzt erfolgten verstärkte Bemühungen, den niedergelassenen Ärzt:innen die Information ihrer Patientinnen über das Früherkennungsprogramm finanziell abzugelten. Das ist zu begrüßen, wird allerdings nicht ausreichen, den Anteil der Teilnahme wesentlich zu erhöhen. Eine wichtige Zielgruppe sind sicherlich die Bevölkerungsteile mit Migrationshintergrund, die speziell auch muttersprachlich beworben werden müssen. Ein weiterer Schwachpunkt des BKFP ist die Dokumentation der Operation in den Spitälern als wichtige Voraussetzung für die Qualitätssicherung. Diese Dokumentation ist leider lückenhaft, wäre aber so wichtig – auch für einen Qualitätsvergleich der Brustgesundheitszentren untereinander. Eine entsprechende Rückmeldung an die Brustgesundheitszentren wäre eine Motivation für diese, die Dokumentation der Ergebnisse besser durchzuführen. Und schließlich muss auch die relativ geringe Wiederteilnahmerate von unter 60% verbessert werden.
Insgesamt haben wir in Österreich das großzügigste Brustkrebs-Früherkennungsprogramm im internationalen Vergleich, müssen jedoch auch weiterhin alles versuchen, die Teilnahmerate auf die angestrebten 80% anzuheben.
Paul Sevelda
1 Quelle: GÖG, 4. Evaluationsbericht zum österreichischen Brustkrebs-Früherkennungsprogramm, 2023
* Die Kategorien ACR 3 und ACR 4 beziehen sich auf die Dichte des Brustgewebes gemäß der Klassifikation des American College of Radiology (ACR). Frauen mit ACR 3 und insbesondere ACR 4 mit sehr dichtem Brustgewebe haben ein höheres Risiko, dass kleine Tumoren in einer Mammografie übersehen werden, und es kann zusätzliche Untersuchungen wie Ultraschall oder MRT erforderlich machen, um Brustkrebs auszuschließen oder zu bestätigen.