Wirksamkeit psychoonkologischer Interventionen in der Krebsbehandlung

Eine Krebserkrankung verändert das Leben von Patient:innen und deren Familien entscheidend. Die Krankheit und ihre herausfordernden Behandlungen führen zu einer hohen körperlichen und psychischen Belastung. Fast die Hälfte aller Betroffenen leidet unter Angstzuständen, vorwiegend Progredienzangst und Depressionen, ein Drittel wünscht sich psychoonkologische Unterstützung. Psychisch stark beeinträchtigt sind vor allem Patient:innen, die sozioökonomisch benachteiligt sind, Risikoverhalten (ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, Alkohol- und Tabakkonsum) zeigen, einen schlechten Zugang zu medizinischer Versorgung haben oder mangelnde Behandlungskohärenz aufweisen. Die Psychoonkologie ist heute ein essenzieller und bedeutsamer Bestandteil in der Krebsbehandlung. Sie ist eine Fachdisziplin, die darauf ausgerichtet ist, Patient:innen und deren Familien in allen Phasen der Erkrankung professionelle Unterstützung anzubieten. Ziele psychoonkologischer Interventionen sind die Steigerung des psychischen Wohlbefindens, indem im Laufe der Krebsbehandlung entstandene Begleit- und Folgeprobleme mit gezielten Maßnahmen verbessert werden, die Stärkung der eigenen Bewältigungsmöglichkeiten sowie die Erhöhung der Lebensqualität. Die Wirksamkeit psychoonkologischer Interventionen auf die Lebensqualität von Krebspatient:innen ist wissenschaftlich nachgewiesen. Angst und Depression verringern sich effektiv durch Einzel- und Gruppentherapie. Entspannungsübungen, hypnoide und imaginative Verfahren lindern wirksam Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen.1 Kohortenstudien belegen einen Zusammenhang zwischen psychischer Belastung und Krebsmortalität. Vor allem klinisch diagnostizierte Depressionen und Angststörungen sind bei Lungen-, Blasen-, Brust-, Darm-, Nieren-, Prostata- und Blutkrebserkrankungen mit einem signifikant erhöhten Risiko von sowohl krebsspezifischer als auch Gesamtmortalität assoziiert.2 Eine Metaanalyse prospektiver Kohortenstudien zeigt, dass Patient:innen mit höherem psychischem Stress bei allen Krebsarten eine höhere krebsspezifische Mortalität aufweisen als Patient:innen mit geringerem psychischem Stress.3 In einer US-Population konnte gezeigt werden, dass das Krebsmortalitätsrisiko bei Personen mit hoher psychischer Belastung um 33% höher ist als bei Personen mit geringer psychischer Belastung.4 Psychoonkologische Maßnahmen verringern nachweislich Stress, Angst und Depression und verbessern somit sowohl die Lebensqualität als auch das Gesamtüberleben von Krebspatient:innen. Bei der Entstehung von Krebs ist derzeit jedoch kein Zusammenhang mit hoher psychischer Belastung nachgewiesen.

Zurück in den Beruf nach einer Krebserkrankung

Fragt man Personen, die noch nicht mit einer Krebserkrankung konfrontiert waren, welche Krankheitsphase am schwierigsten zu bewältigen ist, kommt als Antwort meist „die Diagnose“ oder „die Zeit der medizinischen Behandlung“. Tatsächlich ist aber für viele Krebspatient:innen die Phase nach Abschluss der Therapien speziell belastend. 

Wiedereingliederungsteilzeit 2020–04.2023 / Wiedereingliederungsteilzeit Fälle gesamt vs. Fälle mit Krebs - ICD pro Bundesland

 

Wiedereingliederungsteilzeit 2020–04.2023 / Geschlechterverteilung Bundesland

 

Eine Krebserkrankung zeigt keine klare Schnittstelle zwischen „krank“ und „gesund“. Die körperlichen, psychischen und emotionalen Nachwirkungen erstrecken sich oft noch über Monate und es ist für den Reintegrationserfolg entscheidend, dass es in dieser Phase Modelle gibt, die eine stufenweise Rückkehr in den Alltag und damit gegebenenfalls auch ins Berufsleben ermöglichen. In einer Zeit, in der die Generation der Babyboomer in den Ruhestand geht und geburtenschwächere Jahrgänge im Erwerbsleben stehen, ist die Inklusion von an Krebs erkrankten Erwerbstätigen ein Thema, das nicht nur individuell und betriebswirtschaftlich, sondern auch volkswirtschaftlich von Relevanz ist. Um den Wiedereinstieg ins Berufsleben zu erleichtern, hat sich die Österreichische Krebshilfe für die Wiedereingliederungsteilzeit starkgemacht, die seit Juli 2017 gesetzlich in Kraft ist. Im Zentrum steht die stufenweise Annäherung der erkrankten Mitarbeiter:innen an das bisherige Leistungsniveau innerhalb eines halben Jahres, mit Reduktion der Arbeitszeit um mindestens 25% und maximal 50%. Voraussetzung ist eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in, gekoppelt an einen individuell gestalteten Wiedereingliederungsplan.

Gaby Schubert-Sonnbichler, Karin Isak

1 Söllner W, Keller M (2007): Wirksamkeit psychoonkologischer Interventionen auf die Lebensqualität der Patienten. 
Ein systematischer Überblick über Reviews und Metaanalysen
2 Wang YH et al. (2020): Depression and anxiety in relation to cancer incidence and mortality: a systematic review 
and meta-analysis of cohort studies 
3 Batty GD et al. (2017): Psychological distress in relation to site specific cancer mortality: Pooling of unpublished data 
from 16 prospective cohort studies 
4 Lee H, Singh GK (2021): The association between psychological distress and cancer mortality in the USA: 
Results from 1997–2014. NHIS-NDI Record Linkage Study